Kurz vor Ostern erinnerte ich mich an eine Geschichte vom Hasen Samuel, die ich vor zwei Jahren geschrieben habe. Es ist eine Geschichte, wo sich der Hase Samuel voller Freude, Begeisterung und Mut auf den Weg zur Erde aufmacht.
Es ist eine Geschichte, wo sich der Hase Samuel, zurecht finden muss auf der Erde. Er lernt, was ihm wichtig ist und spürt, er lebt nicht das, was er tief in seinem Herzen verborgen hält.
Er fühlt, dass er mehr seine Bestimmung leben möchte, wenn er auch nicht genau wusste, was Bestimmung bedeutet. Doch tief in ihm wächst ein sehnlichster Wunsch heran.
Genau da endete die Geschichte. Über Ostern wuchs der Wunsch in mir, die Geschichte weiter zu schreiben. Vielleicht lag es daran, dass gerade meine Enkel zu Besuch waren und sie wie immer eine Geschichte vom Hasen hören wollten.
Nun dann die Geschichte geht weiter…
Es war einmal…
Es war einmal ein Hase, der hieß Samuel. Samuel war gerade 21 geworden, hatte ein Studium begonnen und spürte wie er immer ruhiger und trauriger wurde.
Wo war die große Begeisterung geblieben?
Wo war die Freude?
Früher war er viel im Wald unterwegs, machte lange Spaziergänge, fuhr mit seinem Rad über die Berge im Schwarzwald. Traf sich mit seinem Kumpels, sie lachten, sangen und redeten. Er liebte die Bewegung in der Natur. Schwamm und tanzte gerne. Ach einfach alles, was mit Bewegung zu tun hatte machte ihm Freude.
Jetzt saß er stundenlang in seinem Zimmer und steckte seinen Kopf in die Bücher. Er lernte und lernte, zuerst machte es ihm Freude mit den Zahlen zu spielen. Doch immer mehr fühlte er sich gelangweilt von dem vielen grauen Stoff, den er in seinen Kopf reinpaucken musste. Er sah keinen Sinn in diesem Lernen.
Mit der Zeit konnte er sich nicht mehr mit dem Lernstoff verbinden. Die Brücke bröckelte immer mehr ab. Es entstand eine riesige Spalte zwischen ihm und seinem Studium. Er musste sich regelrecht zwingen seine Aufgaben zu erledigen.
Das ging schon einige Monate so. Er traf sich kaum noch mit Freunden, zog sich immer mehr in sich zurück. Saß stundenlang vor dem Computer, machte aus lauter Langeweile Computerspiele. Er aß sehr wenig, wollte auch nicht mehr am Familientisch sitzen bleiben für Gespräche mit seinen Eltern und Geschwistern.
Der Engel…
Was wäre wohl aus ihm geworden, wenn er nicht eines Tages eine Begegnung hatte?
Er fuhr wie jeden Tag mit seinem Rad zur Uni. Er war spät dran, hatte wie so oft verschlafen, weil er bis in die Nacht hinein an seinen Computerspielen saß. Noch halb verschlafen saß er auf seinem Rad. Plötzlich wurde er mit einer Wucht von seinem Rad geschleudert und landete in einer weichen Wiese, neben dem Radweg.
Was war passiert?
Jetzt war er hellwach. Erschrocken bewegte er seine Beine, seine Arme, seinen Kopf, alles fühlte sich gottseidank ganz normal an. Nichts war gebrochen. Er entdeckte eine Schramme an seiner Hand, sonst nichts. Er schaute sich um, da lag ein großer Stein auf dem Radweg, er hatte ihn nicht gesehen und war gegen ihn gefahren.
Meine Güte, das hätte noch viel schlimmer ausgehen können. Er blieb noch eine Weile in der Wiese sitzen. Der Schreck löste sich langsam auf. Erstaunen kam dazu.
Er schaute sich um, er sah die Blumen in der Wiese, sah die Schmetterlinge durch die Luft fliegen, die Bienen und Hummeln summten, die Vögel zwitscherten. Er nahm alles wahr, als ob er es zum ersten Mal entdeckte. Er atmete die Luft ein, ließ sich durch seinen Körper strömen, er lebte, oh ja er war lebendig. Saß in der Wiese und alles war gut.
Da saß auch ein Engel neben ihm auf der Wiese. Samuel dachte zuerst er träumte, kniff die Augen zusammen, immer und immer wieder, doch der Engel blieb. Der Engel schaute ihn an, schaute ihm genau in die Augen. Er hatte strahlend blaue Augen. Es lag etwas in seinem Blick, was Samuel faszinierte, ihn anzog. Er tauchte ein in diese Augen, wie in einen tiefen See. Er spürte, wie mehr und mehr er sich geborgen fühlte, wie etwas in ihm erwachte. Etwas, das er kannte.
Er sah im Sekundentakt Bilder, die ihn an seine wahre Heimat erinnerten. Er sah sich mit einer Karte in der Hand. Auf der Karte war eine Zahl. Immer mehr kamen die Erinnerungen an die Zeit vor seiner Geburt.
Er begann zu lachen, es wurde immer lauter. Ein Lachen, wie er es schon so lange nicht mehr gelacht hatte. Das Lachen befreite so viel in ihm. Er fühlte seinen Körper wieder, wenn er auch noch etwas schmerzte von dem Sturz.
Wo war er nur die letzten Monate gewesen. Es kam ihm vor, als ob er weit weg war, auf einer langen Reise. Eine Reise, die ihn mehr und mehr in die Dunkelheit geführt hatte. Eine Reise weg von ihm, weg von seiner Bestimmung.
Weg von der Liebe.
Weg von der Natürlichkeit,
Weg von der Freude.
Weg von der Begeisterung.
Weg von seiner Wahrheit.
Weg von seiner Seele
Weg von Gott
Sein Lachen schallte gefühlte Kilometer weit. Er stand auf und begann sich zu bewegen, er tanzte durch die Wiese, streckte seine Arme aus, drehte sich. Er fühlte, wie sich so viel befreite, fühlte etwas Neues und doch Altbekanntes in sich aufkeimen.
Die Begegnung mit Laura…
Als er so vor sich hintanzte, hörte er aus weiter Ferne eine Stimme. “Was ist denn mit dir los? Bist du jetzt vollkommen verrückt geworden?”
Samuel schaute in die Richtung, wo die Stimme herkam. Da stand Laura, seine Studienkollegin, die normalerweise nicht mit dem Rad zur Uni fuhr. Doch heute Morgen hatte sie den Bus verpasst und musste notgedrungen mit dem Fahrrad fahren.
Laura schaute zu Samuel und schüttelte den Kopf. “Sag mal, ich wusste gar nicht, dass du auch Lachen kannst. Du läufst doch nur mit Trauermine durch die Gegend” meinte sie.
Samuel hielt erschrocken inne und schaute verlegen zu Boden. Der Engel war weg, hatte er doch geträumt?
Was sollte er sagen? Da spürte er wieder dieses wunderbare Gefühlt in sich, es erinnerte ihn an die Begegnung mit dem Engel. Ja er hatte das eben erlebt. Das Gefühl war so stark in ihm, er konnte es nicht verleugnen. Das Gefühl breitete sich noch mehr aus.
Er bewegte sich zu Laura und meinte. Ach komm lass und kurz in die Wiese sitzen und ich erzähle es dir.
Laura war immer noch erstaunt, doch sie setzte sich mit ihm in die Wiese. Sie war selbst überrascht über ihre Handlung. Normalerweise war Samuel ihr nicht groß aufgefallen. Er wirkte immer so ernst und zurückgezogen. Jetzt spürte sie eine Verwandlung bei ihm, spürte sich zu ihm hingezogen.
Samuel erzählte von seinem Sturz, dem Engel, der ihm begegnet ist. Und erzählte Laura von dem warmen, geborgenen Gefühl, dass ihn jetzt erfüllte. Er war selbst erstaunt, dass er so offen über sein Erlebnis reden konnte. Gerade mit Laura, die er jetzt erst wahrnahm. Sie war ihm nie aufgefallen in der Uni.
Erst als er alles erzählt hatte, kam sein Verstand und meinte, bist du jetzt vollkommen verrückt, so etwas zu erzählen. Was meinst du, was Laura jetzt von dir denkt.
Doch es kam ganz anders. Laura sah ihn an und sagte: “Da muss es dich ganz schon erwischt haben. Du wirkst ja total verändert. Da hat dir der Engel mal gehörig den Kopf gewaschen und dich daran erinnert, warum du wirklich hier bist. Wunderbar, das freut mich sehr. Endlich wachst du auf aus deiner Dunkelheit. Willkommen hier auf der Erde, willkommen im Club lieber Samuel!”
Samuel riss seine Augen auf und starrte auf Laura. Alles hatte er erwartet, nur das nicht. Sie konnte ihn verstehen, sie hielt ihn nicht für verrückt. Sie freute sich über sein Erlebnis. Sie glaubte an Engel.
Das war fast zu viel für Samuel. Er ließ sich rücklings auf die Erde plumpsen fühlte die Erde unter sich, spürte diesen kraftvollen Halt, schaute nach oben in den blauen Himmel. Ja er war auf der Erde, er lebte.
Laura zog ihn an der Hand und meinte: “So jetzt fahren wir aber weiter, die Uni wartet auf uns”
Die Verwandlung…
Samuel verbrachte den Tag in der Uni wie in einem Film. Immer mehr spürte er, wie die Erinnerung zurück kam. Er bekam Zugang zu seiner wahren Bestimmung. Nicht, dass er von einer Minute auf die andere wusste, was seine Bestimmung ist. Nein er spürte mehr und mehr, was nicht mehr dazu gehörte. Er spürte, dass es nicht das ist was er gerade machte. Dass es nicht dieses Studium ist, was zu seiner Bestimmung gehörte.
Mit jedem Tag wurde es ihm deutlicher gezeigt. Immer wenn er wieder unsicher wurde, zog dieses warme liebevolle Gefühl in sein Herz.
Er ließ sich Zeit, setzte sich so oft es ging in die Wiese, atmete, spürte die Erde unter sich, den Himmel über ihm und verband sich mehr und mehr mit der Liebe in ihm. Manchmal war auch der Engel wieder da. Er sagte nichts, lächelte ihn nur an und Samuel schaute ihm tief in die Augen. Es war ein Verstehen zwischen den beiden, das keine Worte bedarf.
Samuel hatte viele lange Gespräche mit Laura. Sie hatten sich über Gott und die Welt ausgetauscht. Sie konnte ihn verstehen. Sie ermunterte ihn, das zu tun, wo er spürte, das ist liebevoll und kräftigend für ihn.
Eines Tages war es so weit. Er wusste jetzt ist der Zeitpunkt da, jetzt wollte er seinem Leben eine neue Richtung geben. Er hatte sich entschlossen sein Studium abzubrechen. Er sah keinen Sinn mehr darin. Samuel wollte endlich das tun, was ihm Freude bereitete, das was er mitgebracht hatte in sein Leben, fließen lassen. Auch wenn er noch nicht so genau wusste wie.
Seine Eltern waren natürlich nicht sonderlich begeistert. Doch die Verwandlung von Samuel blieb ihnen nicht verborgen. Sie erlebten, wie ihr Sohn jeden Tag mehr auflebte. Wie aus einem traurigen Sohn ein lustiger munterer Sohn wurde. Etwas war geschehen. Nach langem Zögern stimmten sie zu. Sie wollten, dass ihr Sohn glücklich und zufrieden war.
Das Abenteuer beginnt…
Samuel brach sein Studium ab und machte sich für ein Jahr auf die Reise in unbekannte Länder. Es war eine Reise zu sich selbst. Eine Reise, wo er sich und seine wahre Bestimmung kennen lernen wollte.
Samuel öffnete sich erneut für das Abenteuer Leben, immer mit der Gewissheit er wird begleitet, er ist nicht alleine.
Laura gab ihm als Erinnerung einen kleinen Stein an einer Schnur mit. Sie legte ihn Samuel um den Hals. Immer wenn Samuel traurig war oder Heimweg hatte, hielt er den Stein und fühlte die Nähe seines Engels. Dann war alles wieder gut.
Samuels Reise ließ ihn viele Abenteuer erleben. Aber davon erzähle ich euch vielleicht in einer anderen Geschichte – mal sehen ;-)
Nun wünsche ich euch viel Freude beim Lesen. Diese Geschichte ist nicht nur für Kinder geeignet. ;-)
Herzliche GrüßeMarianne
Liebe Marianne, das ist eine wunderschöne Geschichte. Das ist ein wunderschönes Talent das du hast. Danke. Liebe Grüsse, Manuela
Liebe Manuela,
vielen herzlichen Dank, freut mich, dass dir die Geschichte gefällt.
Alles Liebe dir!
Marianne