Luise und Tim – zwei Bären finden sich – mein Weihnachtsgeschenk

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und wieder kommt in mir der Wunsch auf eine Geschichte zu schreiben. Kein gewöhnlicher Blogbeitrag – sondern eine Geschichte, ein Weihnachtsgeschenk zum Lesen oder anhören.

Dieses Mal sind die beiden Hauptdarsteller Luise und Tim – zwei Bären, die dich einladen mehr von ihren Besonderheiten zu erfahren.

Vielleicht kannst du einiges für dich von der Geschichte übernehmen – entdeckst einige Wahrheiten für dich.

Es war einmal…

Es war einmal ein großer starker Bär und eine kleine zarte Bärin. Beide wohnten in einem riesigen Wald. Dieser Wald war schon viele Jahre ihr liebgewonnenes Zuhause. Beide hatten sich vor über 3 Jahren kennen- und auch lieben gelernt – aber dazu später.

Der große Bär hieß Tim und die Bärin Luise. Beide kamen in unterschiedlichen Wäldern zur Welt. Tim im hohen Norden von Kanada, Luise wuchs etwas weiter unten auf. Sie waren ungefähr gleich alt.

Tim wuchs in der ursprünglichen wilden Natur Kanadas auf. Er hatte zwei Geschwister, die er aber nie mehr sah. Er hatte ein eigenes Revier für sich ausgesucht und darin hielt er sich die meiste Zeit auf. Das besondere an Tim war, dass er nicht braun, wie seine Geschwister war, sondern er war weiß – sein Fell war schneeweiß.

Tim war zu einem großen stattlichen Bären herangewachsen, mit ihm war nicht gut Kirschen essen, wenn es um Rangeleien ging. Die meisten anderen Bären nahmen Reißaus, wenn er um die Ecke bog. Tim genoss seinen Status, dazu war er sehr eigensinnig. Was nichts anderes bedeutet, wie, er machte alles nach seinem Ermessen, er ließ sich nicht gerne reinreden oder umstimmen.

Luise und der Zirkus

Luise wuchs in einem Zirkus auf, so wie ihre Mama und ihr Papa. Sie war noch recht klein und zierlich für ihr Alter. Sie kannte nur das Leben in dem Zirkus, hatte keine Ahnung, was außerhalb der Zirkuswelt war. Ihre Welt war der Zirkus mit all seinen Tieren und Menschen. Wie sollte sie auch wissen, was es sonst noch so für eine Bärin gab.

Sie war jetzt schon über drei Jahre alt und nahm fast genauso lange an den Vorführungen im Zirkus teil. Sie wurde schon sehr schnell mit all den Geschehnissen des Zirkuses vertraut gemacht. Ihre Eltern gehörten zu den Attraktionen des Zirkus. Sie tanzten zu einer bestimmten Musik, balancierten über einen schmalen Steg…

Bald galt Luise als der Liebling unter den Tieren. Sie war so süß anzuschauen und lief als kleine Bärin ganz tapsig durch die Manege, sie wusste noch nichts von Männchen machen oder tanzen. Und doch ahmte sie mit der Zeit einfach ihre Eltern nach, sie lernte sehr schnell was sie tun musste, damit sie eine Belohnung bekam.

Das wäre immer so weitergegangen, Luise hätte sich zu einer Zirkusbärin entwickelt, die voller Freude und Begeisterung ihre Kunststücke gezeigt hätte. Wenn da nicht die Momente auftauchten, wo Luise nach der Vorstellung alleine in ihrem Käfig war, wo etwas in ihr aufkam,  was sie bisher noch nie gespürt hatte.

Dieses Etwas war noch ganz klein, aber sie spürte es tief drinnen. Sie konnte nicht mal sagen, was es war, es tauchte immer auf, wenn sie alleine war. Dieses Etwas ließ sie traurig werden, sie lag oft lange nur da und ging diesem Gefühl nach, ja es wurde langsam ein Gefühl dieses Etwas. Ein Gefühl von Einsamkeit, Trauer… Sie konnte das nicht verstehen, es nicht einordnen.

Was war nur los mit ihr?

Veränderung geschieht

Etwas in ihr veränderte sich. Sie schaute die Welt, in der sie lebte mit anderen Augen an. Waren die Tiere im Zirkus glücklich? Waren ihre Eltern glücklich? Luise nahm sich immer mehr Zeit die Tiere und Menschen zu beobachten, immer mehr entdeckte sie die traurigen Gesichter der Tiere, entdeckte die Angst und Einsamkeit hinter den Fassaden.

Luise spürte, dass es da noch Etwas gab, was sie nicht kannte. Je mehr sie sich dem unbekannten Gefühl zuwandte, je mehr kam eine Unruhe in ihr auf. Sie hinterfragte alles, all das, was bis jetzt zu ihrem Alltag gehörte. War das wirklich so toll vor vielen Menschen herumzutanzen, damit sie lachen konnten? War das wirklich so schön, für ein paar Leckerli Männchen zu machen? Gehörte das zu ihrem Leben auf immer und ewig in einem kleinen Käfig zu sitzen?

Luise wusste nicht mehr, was sie glauben sollte. Tief in ihr spürte sie unter dieser Unruhe eine Sehnsucht, sie spürte etwas wildes, das immer größer und gewaltiger wurde. Lag es daran, dass sie erwachsen wurde? Sie fragte ihre Eltern, doch die konnten ihr keine Antwort geben. Sie beruhigten Luise und meinten, das wird sich wieder legen, sie solle alles vergessen und wie gewohnt weiter Spaß haben.

Doch das ging so nicht, bei Luise war etwas am erwachen, was sie nicht mehr vergessen konnte. Sie hatte Feuer gefangen – sie wollte mehr erfahren, mehr von diesem wilden Gefühl erfahren. So zog sie sich immer mehr zurück, absolvierte ihr gewohntes Programm.

Luise träumt…

Zu der Zeit verweilte der Zirkus in einem kleinen Städtchen in Kanada. Der Zirkus machte hier seine Winterpause – für einige Wochen sollte hier das Winterquartier aufgeschlagen werden. Diese Pause wurde genutzt, um ein neues Programm vorzubereiten, für Reparaturen und generell für Urlaub. So ergab es sich, dass nur wenige Personen für die Aufsicht der Tiere da waren.

Eines Abends – Luise lag in ihrem Käfig, sie war gerade eingeschlafen – träumte sie von einem großen Wald, hohen Bäumen, vielen wilden Beeren, grünes Gras und anderen Bären. Da gab es viele Tiere, die alle in dem Wald wohnten, jeder hatte eine Behausung. Da gab es keine Käfige nur freie Natur.

Als Luise aufwachte, war sie erstaunt, was war das für ein Traum? Wo war sie im Traum? Sie kannte diesen Wald nicht, sie wusste nichts von so viel Freiheit. Doch genau jetzt spürte sie wieder dieses Gefühl von Freiheit, Wildheit, Freude, Begeisterung, aufkeimen. Gleichzeitig zeigte sich auch Angst. Angst vor so viel Neuem Sie schob den Traum beiseite, wollte ihn vergessen, doch das ging nicht.

Immer wieder tauchten diese Bilder und Gefühle in ihr auf. Eines Tages hörte sie einen Ton, der ihr bekannt vorkam, er klang ähnlich, wie die anderen Bären des Zirkuses und doch war er nicht von hier. Sie hörte diesen starken, kräftigen Klang immer wieder, besonders Nachts, wenn es ganz ruhig war. Sie wollte wissen, wo dieser Klang herkam, sie wurde immer neugieriger.

Was wäre, wenn ich einfach mal nachschaue, wenn ich dem Ton folgen würde? So kühne Gedanken entwickelten sich in den schlaflosen Nächten. Ja, das wollte sie. Aber wie sollte das gehen? Nachts lag sie eingesperrt im Käfig.

Luise ist mutig und folgt dem Ton

Schon bald ergab sich eine Gelegenheit für Luise. Eine Aushilfe vergaß Abends den Käfig zu schließen. Luise hatte es zuerst gar nicht bemerkt sie drehte sich im Schlaf, da sprang die Tür auf. Flucks war sie hell wach. Jetzt war die Gelegenheit da, jetzt konnte sie raus und dem Ton folgen, sie hatte ihn eben noch im Schlaf gehört. Dieser tiefe, starke, kraftvolle Klang, der durch den Wald an ihr Ohr drang.

Gedacht, getan, vorsichtig stieg sie aus dem Käfig und tapste genauso vorsichtig durch die Zirkuskäfige und Wagen, die nur leicht beleuchtet da standen. Bald war sie unbesehen am Rand des Waldes angelangt. Sie blieb lange regungslos stehen, wusste nicht, ob sie ihrer Angst folgen und zurück gehen sollte oder ob sie mutig und entschlossen dem immer stärker werdenden Klang folgen sollte.

Sie wartete einfach, bis die Dunkelheit langsam der Morgenröte wich. Ganz langsam wurde es heller. Jetzt konnte sie weitergehen, jetzt wirkte der Wald nicht mehr so düster. Sie erinnerte sich an ihre Träume von dem großen Wald, an die Bäume, an die Pflanzen an die Tiere. Mal sehen, ob es so ist wie im Traum, dachte sie. Vorsichtig stapfte sie durch den Wald. Schaute sich erstaunt um, die hohen Bäume, das Moos, die Sträucher, die kleinen Tiere, die ihr begegneten, alles war so wie im Traum, nein, noch viel schöner.

Sie konnte den Wald riechen, es duftete alles so frisch, so erdig, total anderes, als im Zirkus. Alles war ungewohnt für Luise und doch so bekannt. Da kam wieder dieses tiefe Gefühl auf, diese Freiheit, diese Wildheit, all das, was sie so sehr vermisst hatte. Sie begann sich ganz wild zu drehen, sie lief voller Freude zwischen den Bäumen. Auf einmal hörte sie Schreie, sie war es, die laut und kräftig ihrer Begeisterung Ausdruck verlieh. Wie schön war es, sich hier frei bewegen zu können.

Luise begegnet Tim

Vor lauter Begeisterung vergaß sie, wo sie hinlief, sie bewegte sich immer mehr in das Innere des Waldes – immer weiter weg vom Zirkus. Auf einmal hielt sie vor Schreck inne, da stand ein riesiger weißer Bär vor ihr, hoch aufgerichtet und schaute sie mit böse funkelnden Augen an. „Was willst du hier, warum machst du so einen Lärm?“ schnaubte der Bär – es war Tim.

Luise begann zu zittern und stammelte unsicher einige Worte von Zirkus, Wald, Träumen, Klang, Käfigtür… Tim verstand gar nichts, sah nur, dass da eine ziemlich ängstliche Bärin stand, die auf keinen Fall eine Bedrohung für ihn darstellte. Er entspannte sich und sprach beruhigend auf Luise ein. „Jetzt mal ganz langsam und der Reihe nach, erzähle, wo du herkommst und wie ich dir helfen kann“

So erzählte Luise Tim ihre Geschichte, der mit großen verwunderten Augen und Ohren zuhörte. Dazwischen murmelte er immer wieder: „Ach, was es nicht alles gibt“ Als Luise ihre Geschichte beendet hatte, saßen beide ganz still da. Luise war nicht mehr ganz so ängstlich und Tim hatte großes Mitgefühl mit der kleinen zarten Bärin.

Kurz erzählte Tim von sich und seinem Leben in der Wildnis. Auch er hatte die letzten Wochen immer so ein seltsames Gefühl gehabt, gespürt, dass ihm etwas fehlte, wusste aber nicht genau, was es war. Öfters rief er dieses Gefühl einfach hinaus in den dunklen Wald, besonders Nachts. Ein Ruf, der ihm immer bekannter vorkam – es war ein Ruf nach jemandem. Jetzt, wo er Luisa sah, wusste er, was ihm fehlte, es fehlte ihm jemand, der ihn durch den Wald begleitete. Es war eine Frau, die ihm fehlte, die er beschützen und begleiten wollte. Die ihm zeigte, dass es noch etwas anderes gab, wie jagen und brüllen.

Er fühlte sich in der Gegenwart von Luise zusehends wohler. So war es also, wenn jemand da war, der ihn verstand, der ihm zuhörte – der ihn einfach so nahm, wie er war – auch mit seinem weißen Fell. Ein warmes wohliges Gefühl breitete sich aus in seinem großen Bärenherzen. Genauso erging es auch Luise, sie fühlte sich so beschützt und geborgen in der Gegenwart von Tim, ihr kleines Bärenherz begann kräftig zu hüpfen.

Luise und Tim werden ein Paar

Von da an blieben Luise und Tim zusammen – sie wurden ein Paar. Nur einmal gingen sie gemeinsam noch zum Waldrand und Luise zeigte Tim aus der Ferne den Zirkus. Luise spürte, wie ein kalter Hauch von Angst auftauchte. Als Tim das merkte, legte er sanft seinen Arm um Luise und sagte: „Das ist vorbei – das ist Vergangenheit.“

Seither streifen Luise und Tim durch die Wälder von Kanada, bekamen viele Kinder. Luise vergaß immer mehr ihre Vergangenheit im Zirkus und Tim erkannte, dass seine Besonderheit – das weiße Fell – etwas ganz wertvolles war. Dazu aber mehr in einer anderen Geschichte, mal sehen, wann sie in mir reift? ;-)

Ich wünsche dir ganz viel Freude mit der Geschichte.

Die Geschichte zum Anhören

Herzliche Grüße

Marianne

P.S. Die Bilder sind von meiner Enkelin Tami

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    2 Kommentare

    1. Renate Vogel

      Liebe Marianne,
      erst jetzt habe ich deine Geschichte gelesen, da in der Adventszeit dafür keine Zeit schien!
      So schön ist sie und die Bilder sind so wundervoll gezeichnet!! Da hat deine Enkelin wirklich viel Talent und ihre Großmutter ebenso im Geschichten erzählen!
      Habe sie gerade sehr genossen!
      Vielen Dank dafür!
      Mit herzlichem Gruß!
      Deine Renate

      • Marianne Hauser

        Liebe Renate,

        schön von dir zu lesen. Das freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. Ich werde das Kompliment gerne an Tami weitergeben. Ich sag einfach DANKE.
        Alles Liebe dir!
        Deine Marianne

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